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Was ist ein guter Uke?


Uke - Tori

Das Bujinkan ist keine Mannschaftssportart. Die Absprache mit Anderen, um geschickte Spielzüge, Angriffe oder Paraden zu bewerkstelligen, ist nicht erforderlich. Dies basiert natürlich auch auf der Prämisse, dass im Regelfall Eins gegen Eins Situationen trainiert werden. Es ist also die Interaktion zwischen Tori und Uke, der eine besondere  Rolle zukommt. Das Verhalten von Tori, dem Verteidiger, und Uke, dem Empfänger einer Technik, bedingen den Trainingserfolg.

Ich benenne hier bewusst das Verhalten beider Trainingspartner. Denn Tori kann die korrekte Ausführung einer Technik nur erlernen, wenn Uke korrekt angreift. Tori kann einen Hebel nur dann richtig ansetzen, wenn Uke richtig reagiert.

Mit dem hier verwendeten "richtig" oder "korrekt" ist aber auf keinen Fall ein Schlag neben Tori oder das "freundliche" Zulassen eines Hebels gemeint. Gerade dieses Verhalten verhindert den Lernerfolg - und zwar beider Trainingspartner. Tori wird so nie erlernen, wie die Technik wirklich funktioniert und sich in falscher Sicherheit wiegen. Sollte dann einmal die Situation kommen, in der Tori sich wirklich verteidigen muss, wird Tori das nicht gelingen. Er hat es ja nie wirklich gelernt. Ihm wurden die Hebel "geschenkt". Doch auch Uke verpasst einen wichtigen Lerninhalt. Er erfährt nie wie sich die Technik wirklich anfühlt und wie effektiv die Technik sein kann. Führt ein anderer Partner eine so kennen gelernte Technik dann "richtig" aus, so erhöht sich das Verletzungsrisiko für Uke oder er verliert in einer realen Situation die Kontrolle, da er die Technik unterschätzt.

Das Zusammenspiel von Tori und Uke macht den Erfolg einer Kata aus
Das Zusammenspiel von Tori und Uke macht den Erfolg einer Kata aus

Zu erkennen wie Tori sich verhalten/ bewegen soll, ist zumeist nicht problematisch, da der jeweilige Shidôshi gerade dies vorzeigt. Letztlich geht es ja für Tori um das Erlernen von Techniken. Da ist es nur logisch, die korrekte  Ausführung dieser Techniken genau zu verfolgen.

Doch nicht nur Tori trainiert! Auch Uke trainiert. Immer. 

Trainiert Tori einen Omote Kote Gyaku, trainiert Uke eine stabile Kamae und den Griff von Tori aus einer sinnvollen Distanz heraus.

Trainiert Tori die Ichimonji No Kata, trainiert Uke seinen Jodan Fudô Ken, der so ausgeführt wird, dass er für Tori gefährlich wäre, wenn die Kata nicht ausgeführt wird.

Die eigentliche Schwierigkeit entsteht für Uke dadurch, dass seine Angriffe langsam erfolgen sollen. Dies ermöglicht es Tori seine Bewegungen genauer zu kontrollieren. Das gleiche gilt jedoch auch für Uke. Und genauso wie Tori, zerdenken viele Uke ihre Bewegungen, anstatt sie einfach, wie erlernt fließen zu lassen.

Die 5 unterschiedlichen Uke

 

Dieses Zerdenken der eigenen Bewegungen führt dann zu (mindestens) 5 Arten von Uke bzw. deren Verhalten.

 

Chi/ Erde

Budôka, die grundsätzlich sehr stabil sind und häufig viel Kraft besitzen, neigen dazu als Uke kaum auf die Angriffe von Tori zu reagieren. Dies rührt potentiell daher, dass Tori die angedachte Bewegung nicht korrekt ausführt. Es kann aber auch durch das Verhalten von Uke bedingt sein. Eine Übertreibung des Elements Erde macht Uke zu Stahl-Uke. Angriffe machen ihm nichts mehr aus, außer sie werden mit realer Kraft ausgeführt. Er stürzt grundsätzlich nicht, auch wenn dies die bessere Lösung wäre. Auf Täuschungen reagiert Stahl-Uke auch nicht mehr, denn er ist zu beschäftigt stabil zu sein.

Seid kein Stahl-Uke.

 

Sui/ Wasser

Auch das Gegenstück unseres vorangegangenen Typus ist nicht selten. Fühlt sich ein Budôka vorrangig mit dem Wasser-Element wohl, kann aus ihm leicht ein Spaghetti-Uke werden. Kraftlos ergibt sich ein Spaghetti-Uke den Techniken seines Partners. Die richtige Position oder die korrekte Ausführung einer Technik verlieren an jeglicher Bedeutung. Dieser Typ Uke greift bereits ohne Intention zu treffen an. Er streckt seinen Arm und ergibt sich dem, was dann folgen mag.

Seid kein Spaghetti-Uke.

 

Ka/ Feuer

Auch das Feuer-Element kennt eine Karikatur. Rambo-Uke greifen sehr aggressiv an und wissen sich gegen ein Technik nicht nur zu sträuben, sondern sogleich auch die Schwachstellen einer Technik aufzuzeigen. In gesundem Maß ist diese Art Uke (wie alle anderen Arten) ein fantastischer Trainingspartner, da dies Tori ermöglicht eigene Fehler zu erkennen und zu verbessern. Ein Rambo-Uke weist jedoch nicht einfach auf diese Lücken hin, er attackiert gnadenlos. Kann er selbst einen Hebel ansetzen, so wird dieser ebenfalls ohne Gnade ausgeführt. Dass sein Trainingspartner eventuell kein Rambo-Uke ist und Techniken bis zu einem gewissen Grad zulässt, ist dabei unwichtig.

Seid kein Rambo-Uke.

 

Fu/ Luft

Den richtigen Rhythmus zu treffen ist nicht leicht. Entscheidet man sich als Uke anzugreifen, so tun dies die meisten Uke auch. Wankel-Uke sind jedoch etwas unentschlossener. Ein Wankel-Uke setzt zum Angriff an, wundert sich dann aber, ob Tori so weit war und unterbricht seinen Angriff. Das alles nur, um dann unmittelbar zu bemerken, dass Tori bereits ein Tai Sabaki eingeleitet hatte. Uke setzt seinen Angriff also fort, hat den Rhythmus der Technik damit aber bereits ungewollt verloren. 

Seid kein Wankel-Uke.

 

Ku/ Leere

Das Leere-Element kann eine besondere Art Uke hervorbringen. Budôka, die ohnehin ein gutes Gespür für Situationen und Menschen haben, kommen leicht in die Gefahr zu einem Astral-Uke zu werden. Ohne überhaupt getroffen zu werden, weichen Astral-Uke bereits weiter zurück, als andere Uke, die tatsächlich von einem Schlag getroffen wurden. Hebel müssen gar nicht mehr wirklich ausgeführt werden. Astral-Uke kennt ja die Technik, die gerade geübt wird. Also folgt Astral-Uke dieser Bewegung, die Tori ja herbeiführen will. Tori führt die Techniken nur leider gar nicht mehr so aus, wie es sein müsste und Astral-Uke flieht daher bereits vor dem Gedanken gleich eine Technik zu erfahren.

Seid kein Astral-Uke.

Auswirkungen

Seid euch als Uke bewusst, dass ihr gerade trainiert.

Schenkt eurem Trainingspartner eure beste Kamae, euren besten Angriff und euer bestes Ukemi. Hierdurch verbessert nicht nur ihr eure Ausführungen, sondern ermöglicht eurem Partner auch das bestmögliche Training.

Die oben skizzierten Darstellungen sind natürlich bewusst übertrieben worden. Dennoch trifft man immer wieder auf diese unterschiedlichen Arten von Uke. Achtet im Training darauf. 

Vor allem aber, achtet darauf, welcher Typ Uke ihr seid.

Solltet ihr euch mal ertappen zum Astral-Uke geworden zu sein, gibt es einen einfachen Weg aus dieser Falle. Übertreibt einmal in die Gegenrichtung. Seid kurzzeitig ein Stahl-Uke, dann müsst ihr nur noch die Mitte finden.

Die Mitte, oder das Gleichgewicht zu finden, ist grundsätzlich die fortwährende Aufgabe als Budôka. 

 

Mit diesen Worten schließe ich diesen Beitrag.

 

Guten Rutsch und auf ein fantastisches Jahr 2020!

 

Ganbatte Buyû

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Kommentare: 1
  • #1

    Seb (Mittwoch, 01 Januar 2020 10:08)

    Mal wieder sehr gut, in eurem eigen Stil, erklärt.
    Ich freue mich schon aufs nächste Training